"Als ältester nachweisbarer
Grundherr ist nach späteren Urkunden der Bischof von
Augsburg zu erschließen. 1357 werden zum ersten
Male zwei
Höfe in Kriegshaber beurkundet, die als bischöfliche
Lehen an
Augsburger Bürger verliehen wurden und dem Aufgebot des
bischöflichen Kämmerers von Wellenburg unterstanden.
Während für den einen bischöflichen Hof
(Mittelbauerhof)
die Augsburger Familien Hagenohr, Lieber und Egen (von Argon) als
Besitzer auftreten, erscheinen für den anderen (Marstallerhof)
die
Wohlfahrt und die Ilsung, von denen das Lehen 1391 an das
Hl.-Geist-Spital überging". (
Quelle
A: Seite 175).
1492, als König Maximilian das Pfand Markgrafschaft Burgau vom
bayerischen Herzog
Georg
von Landshut ausgelöst
hat, ist uns das Feuerstattguldenregister erhalten. Hier sind nun 4
Feuerstätten aufgeführt, die zum Hl.-Geist-Spital
gehörten und eine Feuerstatt, die dem Augsburger
Bürger Georg
Grander gehörte. (
Quelle:
Feuerstattguldenregister).
"Neben den Besitzern dieser beiden Höfe begegnen im
15. und
16. Jahrhundert als Inhaber weiterer Hof- und Söldenstellen
die
Vögelin, Argon, Grander und das Kloster St. Katharina in
Augsburg,
sowie die Dietmayer, Schott, Schempf, Gleich, Buecher, Reiter, Diebold,
Suess, Steeb, Steidle und das Augustinerchorherrnstift St. Georg in
Augsburg. Um 1570 erscheint erstmals ein Judenhaus, während
der
Judenfriedhof in Kriegshaber erst seit 1627 belegt ist. Im 17.
Jahrhundert änderte sich das Bild etwas, indem 1614/15 neben
den
bisherigen Grundherren (Hl.-Geist-Spital und Augsburger
Bürger:
Paler) nun auch die Markgrafschaft Burgau begütert war". (
Quelle
A: Seite 175).
Sabine Ullmann zitiert in ihrer Dissertation "Juden
und Christen in Dörfern der Markgrafschaft Burgau" einen
Bericht
von einer Auseinandersetzung zwischen Vorderösterreich und den
Adelsherrschaften zu Anfang des 18. Jahrhunderts, <<das
erste Juden=Hauß circa Annum 1570 auf die in einer ungemeinen
Breite
extendierte Landstraß via facti erbaut, ... [obwohl] in
diesem uralten
Weyler vor Zeiten kein einziger Marggraeflich-Burgauischer Unterthan
weder
Christ noch Jud angesessen gewest>>. (
Quelle: W).
"Als Nachfolger der Paler traten die Freiherren von Rehlingen auf den
Plan, die infolge der Heirat Ferdinands von Rehlingen mit
Magdalene Paler in den Besitz des bischöflichen Lehens
Hainhofen
gelangten, dem Anteile in Kriegshaber zugehörten, welche zur
Reichsritterschaft steuerten. Bei dieser Grundbesitzaufteilung
blieb es im Grunde bis zum Ende des alten Reiches, nur daß
noch
seit 1721 das Domkapitel Augsburg als Grundherr in Kriegshaber
auftaucht. Seit Anfang des 17. Jahrhunderts hatte die Markgrafschaft
Burgau die Hoch- und Niedergerichtsbarkeit in Kriegshaber inne, sowie
die Gassengerichtsbarkeit zwischen den verschiedenen grundherrlichen
Untertanen innerhalb des Weilers. Als Besonderheit ist noch zu
erwähnen, die die Augsburger Hochgerichtsstätte auf
Kriegshaberer Flur in gleichsam
<<exterritorialisiertem>>
Gebiet befand, da die Vermarkungssteine außen das burgauische
und
innen das Augsburger Wappen zeigten. Allerdings wurden hier Leute aus
Kriegshaber nur dann hingerichtet, wenn sie auf Augsburger Gebiet
straffällig geworden waren". (Quelle A:
Seite
175 und 176).
1806 kommt das Gebiet von Kriegshaber nach der Säkularisation
und Mediatisierung an das Königreich Bayern.
1809
ist die Landaufnahme (
Quelle
B4) sehr gut dokumentiert, von 1810 stammt das
Kataster von
Kriegshaber (
Quelle: B3).
Bis 1830 gab es praktisch keine weitere Entwicklung, denn die
Grundbuchakten des Augsburger Gerichts zeigen nach wie vor 99
Häuser in Kriegshaber (
Quelle: A7)
In der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts ist aus den
Kirchenbüchern von Oberhausen ersichtlich, wie groß
der
Zuzug von der näheren und weiteren Umgebung von Kriegshaber
war.
Von den Heiraten zwischen 1827 und 1844 lassen sich
83
Personen hinsichtlich der Herkunft auswerten.
Matrikel der Juden gibt es erst von 1865 an, jedoch sind die Namen der
Bewohner (in der Regel der Haushaltsvorstand) namentlich auch schon in
der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts aus den Gerichtsakten
bekannt. (Quellen:
AC).
Außerdem ist uns der Belegungsplan des jüdischen
Friedhofs überliefert (
Quelle:
S).
Aus allen diesen Quellen kann man sich ein ziemlich gutes Bild aller in
der 1. Hälfte des 19. Jahrhunderts lebenden Bewohner von
Kriegshaber machen. Auch die Hochzeitsbücher von Kriegshaber
sind
digitalisiert bereits ausgewertet. (
Quelle:
A9).
Alle diese Daten sind in einer genealogischen Datenbank
zusammengestellt. Sie sind hier abrufbar: Auswertung mit Hilfe des
Programms
GeneaNet.
Welche Personen in welchen Häusern in der ersten
Hälfte des
19. Jahrhunderts gewohnt haben, lässt sich an Hand der
Matrikel
der Kirche St. Peter und Paul in Oberhausen zumindest für die
christliche Bevölkerung sehr gut zeigen, auch die Kinder sind
hier
aufgeführt. Bei den Geburten und Hochzeiten in
Kriegshaber sind im allgemeinen auch die Hausnummern
angegeben.
Hieraus ist auch
ersichtlich, dass bis 1843 weitere 25 Häuser gebaut wurden.
1873
gab es mindestens 157 Häuser in Kriegshaber. Es ist allerdings
zu
beachten, dass die Hausnummer sich geändert haben, so stimen
die
Hausnummern in den Katastern von 1810, 1840, 1854, 1867 und 1892
meistens nicht überein. Was allerdings gleich blieb, war die
Flurnummer des Hauses von 1840 an aufwärts. Details zu den
Katastern
von Kriegshaber siehe hier.
Ausblick:
In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts traten
große Veränderungen ein. Zum einen wurde die
Verwaltung 1848
geändert, so gab es seit diesem Zeitpunkt keine
Patrimonialgerichte mehr. Wie oben bereits gesagt, waren bis 1848
für bestimmte Grundstücke in Kriegshaber die
Freiherrn von
Rehlingen zuständig. Durch die Industrialisierung in
Oberhausen,
Pfersee und Augsburg kamen viele neue Bewohner in unseren Ort, der noch
bis 1916 selbstständig war.
Unter der Regierung von König Maximilian II. wurde die
Verfassung
und die Gesetze liberalisiert, wovon auch die jüdische
Bevölkerung
profitierte. Seit dem späten Mittelalter, wo in fast allen
Reichsstädten (auch Augsburg) und vielen Territorien den Juden
das
Wohnrecht verwehrt
wurde und die früheren Bewohner vertrieben wurden, zogen
wieder
viele Leute jüdischen Glaubens in die Stadt Augsburg, wo ja
für viele das Geschäftsinteresse war. In
der
Markgrafschaft Burgau jedoch gab es seit dem späten 16.
Jahrhundert viele Orte mit jüdischer
Bevölkerung (so Kriegshaber, Steppach, Pfersee, Schlipsheim,
Fischach um nur
die nächsten Orte zu nennen). Das sogenannte Judenregal
(ursprünglich ein königliches Recht) war in der
Markgrafschaft Burgau auf den Markgrafen übertragen (verkauft)
worden, der damit natürlich seine Einnahmen steigern konnte.
1910 wurde die
Straßenbahn
nach Kriegshaber
errichtet, am
1-Apr-1916 fand dann die Eingemeindung nach Augsburg statt. Im
Stadtarchiv von Augsburg liegen viele Meter Akten und Unterlagen
zur Geschichte von Kriegshaber, die
jetzt
katalogisiert sind.
Untersuchte Quellen im Stadtarchiv
auf dieser Homepage.
Das 20. Jahrhundert brachte neben den beiden
Weltkriegen und Bombardierungen 1944/45 in Kriegshaber die
Judenverfolgung. Jüdische Bewohner, wie die Familie
Einstein, von denen in den 1930er Jahren 6 von den sieben
Brüdern
vom Viehhandel lebten, wohnten in Kriegshaber und
waren angesehene
Bürger (Quelle: die Mutter von Maximilian Kraus war als junges
Mädchen bei den Einsteins angestellt). Auch die Zusammenarbeit
zwischen Juden und Christen war
gut, ich habe in den Quellen von keinen Problemen gelesen (wenn man von
den Auseinandersetzungen beim Bau des Hauses im Jahre 1722
im jüdischen Friedhof absieht - hier war es eine
Auseinandersetzung der Grundherrn von Kriegshaber und Umgebung
(Stadtbergen) mit der Regierung der Markgrafschaft Burgau. Sehr
bezeichnend ist auch, dass es in der sogenannten "Reichskristallnacht",
also am 9-Nov-1938, zu keinen Übergriffen in
Kriegshaber kam. Mir hat ein inzwischen verstorbener Augenzeuge berichtet, dass zwar der Ortsgruppenleiter der
NSDAP einen Stein auf die Synagoge in Kriegshaber geworfen hat, aber
die Bevölkerung von Kriegshaber, die Zeuge war, hat sich nicht
beteiligt, so dass er unverrichteter Dinge wieder abgezogen ist. Es
blieben aber auch die hiesigen Juden nicht von der Vernichtung
verschont, diejenigen, die sich nicht ins Ausland flüchten
konnten, sind in Ausschwitz und Piaski umgekommen. Einige wenige, die
damals in Kriegshaber lebten, wohnen heute in Israel, USA oder
Südafrika. Zum 50. Jahrestages am 9-Nov-1988 hat der
inzwischen
verstorbenen
Diakon
Franz Kaiser
der vertriebenen und getöteten Juden gedacht. Heute leben in
Kriegshaber keine Juden mehr, die Synagoge ist im Besitz der Stadt
Augsburg und es wird u.a. für historische Ausstellungen genutzt.
Zusammenstellung der
Quellen, die hierfür benützt wurden:
A: Historischer
Atlas von Bayern
,
Teil Schwaben, Heft 10, S. 175-176: Kriegshaber
B: Luis
Dürrwanger:
Augsburg-Kriegshaber,
Kulturhistorische Beiträge zur Ortsgeschichte
, Dissertation, München 1935
H:
Gerhart
Nebinger und Norbert Schuster: Das
Burgauer Feuerstättenguldenregister,
in: Das Obere Schwaben, Vom Illertal zum Mindeltal, Heft 7
1963
S: Liste der
Gräber des Friedhofes der jüdischen Gemeinde,
heute Hooverstr.
15, (nach Aufzeichnungen von
Alois Gumpinger)
U: Juden
und Christen in Kriegshaber, Ansprache von
Diakon
Franz Kaiser
nach dem ökomenischen Gottesdienst vor dem Eingang der
Synagoge am
9-Nov-1988
W: Juden
und Christen in Dörfern der Markgrafschaft Burgau,
Dissertation,
Sabine
Ullmann , Göttingen 1997
A5: Ortsblatt
von Kriegshaber (und Pfersee) 1809
A7:
Die Hausbesitzer im
Augsburger Stadtteil Kriegshaber 1830 von
Maximilian J.
Kraus
in BBLF 66 2003, Seite 61-65
A9: Hochzeitsbuch von Kriegshaber. 1952
nach pfarramtlichen Quellen zusammengestellt von Georg Metzger
Stadtbergen. Mit
EDV erfaßt durch Rudolf
Flossmann, Königsbrunn A5470 im August 2006.
AC: Ausschnitte aus einer Arbeit von
Doris Pfister betreffend jüdische Bürger aus
Kriegshaber
AD: Ereignisse
in Kriegshaber betreffend die Bevölkerung jüdischen
Bekenntnisses
AH: Verzeichnis
der
Akten im Stadtarchiv, die Kriegshaber betreffen
AM: Verzeichnis
der Kirchenbücher von Kriegshaber und Oberhausen
B3:
Kataster von 1810
, Steuerdistrikt
Kriegshaber und die
Besteuerung der Gründe und Häuser
B4: Landkarten
von Kriegshaber
B6: Die Bauernhöfe in
Kriegshaber
Heinz Wember
Änderungsstand: 27-Jan-2010 Upd 01-Dez-2018