Die Bauernhöfe in Kriegshaber


Die frühe Geschichte ist umfassend in der Dissertation von Luis Dürrwanger von 1935 dargelegt. Nachdem die Arbeit in nur wenigen Exemplaren gedruckt wurde und nach meiner Kenntnis auch keine weitere Auflage erfuhr, (ein Exemplar steht in der Uni-Bibliothek Augsburg mit der Nummer 50/NS 2565 K92 D8), zitiere ich hier komplett die Kapitel 3. Früheste örtliche Entwicklung und 4. Grundbuchauszüge.

"Auf Grund verschiedener Ankunftsbriefe (d.s. die frühesten Original-Ankaufsbriefe), Donationsbriefe, Register, bischöfl. Lehensbücher usw. läßt sich ein ungefähres Bild von der allmählichen Entwicklung des uralten "Weylers" rekonstruieren. Daß der ganze Grund und Boden  - wie auch anderwärts um Augsburg - schon seit "unfürdenklichen Zeiten" bischöfl. Ureigentum war, kann man, da die frühesten Aufschreibungen untergegangen sind, nur aus spärlichen Urkunden erschließen. (Bischöfl. Urbar 1316; Mon. Boic., 34b Jb 72. - Das älteste und wichtigste Archiv auf heute bayer. Boden müßte das Archiv der Augsburger Bischöfe sein. Aber von ihm ist aus der Zeit vor dem Jahre 1000 so gut wie nichts erhalten. Es ist durch mehrfache Brände und namentlich durch die Stürme der Ungarneinfälle zugrunde gegangen. (Rundblick auf die bay. Archive v. Dr. Riedner))

Erstmals vom Jahre 1357 (Stadtarchiv Augsburg: hl. Geist-Spital Akten) sind zwei Höfe von Kriegshafern beurkundet, die als bischöfliche Lehen an wohlhabende Augsburger Bürger verliehen waren und dem Aufgebot der bischöfl. Kämmerer von Wellenburg unterstanden. Den einen (jetziger Mittelbauernhof - Bild 16) gab Heinrich Hagenohr an seinen Bruder Johann um 80 Pfund Pfennig weiter, während der andere Hof (jetzt Marstallerhof - Bild 17) - damals Mayerhof genannt - von Luitpolds Wohfahrts Erben um 103 1/2 Pfunde Pfennig anno 1361 an Conrad Ilsung überging, der das Lehen 1391 um 132 ungarische und böhmische Gulden an das Hl. Geistspital (Errichtet i. J. 1252) auch Hospital genannt - abtrat (Es unterhielt 1493 über 500 Arme). Dieser Wohlfahrtsanstalt erließ - im Zusammenhang mit dem Testament der Witwe Anna Probstin (von 1365) -    Bischof Eberhard, Graf von Kirchheim, 1408 durch einen Donationsbrief die Lehenschaft dieses Ilsunghofes, der damit - ohne aus dem bischöflichen Obereigentum auszuscheiden - im Hospital seinen selbständigen Grundherrn erhielt und bis ins 19. Jahrhundert herein beibehielt. 1408 übertrug der Bischof dem Hans Hagenohr jun. , seiner Mutter und seinen Geschwistern den vom Vater überkommenen (Mittelbauern-) Hof (Mon. Boic. XXIII S. 308 litera feudales.)

Mittelbauer

1413 übernehmen Johannes und Stephan Hangenohr um 148 rheinische Gulden einen von Conrad Hößlin "Gott zu Lob" fürs Spital gestifteten dritten Hof in Grießhabern. 1432 weist ein Kaufbrief von Heinrich Altenpain an den Metzger Hans Schnädlein von Augsburg erstmals das Realrecht der Taffernwirtschaft (Marstaller) aus, das dann erst Ende des 19. Jahrh. an den "Schwarzen Adler" kam. Von 1568 meldet ein Kaufbrief von Anna Voglerin, Witwe des Ulrich Pfefferlin von Hainhofen, an den Taffernwirt Hans Reichart den Verkauf von 2 eigenen Äckern sam Vorhölzlen bei Steppach für 101 fl.

Marstaller

Der anfangs genannte bischöfliche Lehenshof  (jetzt Mittelbauer) ging aus der Bewirtschaftung der Hangenohr an Hans Lieber über, dessen Sohn Eberhard ihn 1420 mit einem weiteren Gut an Peter Egen (von Argon) jun. abtrat. Der Hof wird von jetzt an Argenhof genannt.

Als neue Kultur des Hans Süß und Ulrich Fauser tritt dann ein weiterer Hof in Erscheinung, den Conrad Vögelin vom Bischof Peter zu Lehen erhält. 1443 sind Peter und Anton Argon Lehensträger eines Hofes, eines Hauses und eines Gutes zu Grieshaber und 1489 besitzt Jörg Grander die 3 bischöfl. Höfe mit Zugehörde. In seinem Reversbrief von 1483 beurkundet er, daß ihm der "ehrsame weyse Antony von Argen, Burger zu Lauingen, und Elysabeth Ramin, seine eheliche Hausfrau, ihren Hof zu Krießhaber, den Urban Mayer jetzo bauet, mit all seiner Zugehörung um 200 und 40 gutter wohlgenämer Reinischer Gulden kauflichen zu kaufen geben haben" und er ihnen und ihren Erben die besondere Liebe und Freundschaft erweise, "daß sy den Hof mit Zugehörung wohl wiederumb über kurz oder lang, wenn sy wollen, von ihm erkaufen und iren Handen bringen mügen ... und alsdann die nächstkommende 4 Tag ... 240 rh fl ... vollbringen". Laut Register (Vorderöstereich und Burgau Nr. 14) der Hofstätten, das 1492 zur Erhebung des Feuerguldens angelegt wurde, besitzt das hl. Geistspital jetzt 4 und Jörg Grander 1 Feuerstatt.

Diese paar Lehensbriefe geben manchen wirtschafts- und zeitgeschichtlichen Aufschluß. Zunächst besagt der Ausdruck "eigene Äcker", daß doch nicht der ganze Komplex lehensrechtlich gebunden, sondern daß wenigstens ein kleiner Teil immer noch "walzend", d.i. frei war. Schon damals legten die Reicheren ihr Geld in Grund und Boden an, wenn sie ihn auch nicht selbst bebauten, sondern in Afterlehen weitergaben. Gerade die Grander, um eines der Geschlechter herauszugreifen, hatten "im Verlauf der XV. Jahrhunderts sich einen bedeutenden Reichtum erworben und fanden durch Heirat mit Geschlechtertöchtern Aufnahme in die Gesellschaft der Mehrer (Die Gesellschaft der Mehrer wurde 1478 vom Patriziat gegründet. Als es zusammenschmolz, nahm man seine Ergänzung aus den Mehrern.)  (Strieder, Zur Genesis d. mod. Kapit.)

Conrad Ilsung stammt von dem ehemaligen Grafen Ilsung von Möhringen in Bayern und war angeblich eine Seitenlinie des Hauses Wittelsbach. (Stetten, S. 107)

Die heute noch im BGB vorgesehene Verkaufsklausel des Wiederkaufes zeigte damals allerdings noch die Erweiterung, daß sie "auf ewig" und zum ursprünglich festgesetzten Verkaufspreis galt. Wertzuwachs kannte man nicht, ebensowenig ein Sinken der Kaufkraft, da das Gut "wiederrumb über kurz und lang" zum gleichen Preis von 240 "gutter wohlgenämer Rheinischer Gulden" zurückgefordert werden konnte ("wenn sy wollen von ihm erkaufen").

Im weiteren Verlauf begegnen uns als Bewirtschafter der Bauernhöfe noch die Familien Dietmayer, Schott, Schempf, Gleich, Buecher, Reiter, Diebold, Suess, Steeb, Steidle. Meist erbten sich die Höfe mit Zustimmung des Landesherrn auf die Söhne oder Töchtermänner weiter; aber ein Jahrunderte überdauernder Besitz (sogenannter Bauernadel) ist bei keiner Familie nachweisbar.  Neben den Bauernhöfen entstanden allmählich auch Sölden (Aus den Angaben des Tazitus (Germ. cap. 25):" suam quisque sedem suos penates regit" schließt die neuere Forschung, daß die Sölden vielleicht aus den Wohnungen der Unfreien, die schon in germanischer Zeit ihren eigenen Herd hatten, entstanden seien.) die erstmals in den Akten des Augsburger Katharinenklosters Erwähnung finden: Unter dem Priorat der Elisabeth von Argon wurde 1488 für den Domherrn H. von Schellenberg "ain sülld zue Kriechhaber", ferner das Kloster selbst "vor der zwayen heiligen zwölf bottentag (Peter und Paul) ein Söld in Kriegshaber erworben, das zu einem Hof im benachbarten Stadtbergen gehörte.

1570 tritt in Kriegshaber erstmals ein Judenhaus in Erscheinung, wenn auch vorher schon Juden dort ansässig waren [Diese Aussage, dass schon vor 1570 Juden in Kriegshaber ansässig waren, ist strittig, obwohl sie von vielen so behauptet wird. Mir ist jedenfalls keine zeitnahe Urkunde bekannt, die das belegen könnte. HW]. Von den anno 1576 im geistlichen Besitz befindlichen 9 Feuerstätten gehörten 3 Höfe und 3 1/2 Sölden dem Hl-Geist-Spital, der Rest den Klöstern St. Katharina und St. Georg. -

Der kurze Auszug aus dem Besitzstand mag für unseren Zweck genügen. Er beweist, wie stark bereits damals die "tote Hand" ihre Gelder im Grundbesitz investiert hatte.

Laut Beschreibung (St. A. Neuburg) aller um den Raucheforst gelegenen Dorfschaften und deren Untertanen, was ein jeder järlich an Borzten (Borzen nennt man im Dialekt jetzt noch das Bauschholz von Nadelbäumen) zu machen und dargegen Forstgült zum hochstiftlichen Rentamt zu erstatten hat", mußte 1698 in Grüeßhaber der Mitlpaur Leonhard Buecher von dem Argenhof, sowie Ulrich Gleich von des Argen Guet 26 Vorstschober, 7 Vorsthaaber nach dem Kaufbeyrermeß, 2 Hiener, 15 Ayr und der Spitalwirt Mathias Gleich 34 Vorstschober etc. abführen.

Diese scheinbar wenig sagende Notiz - aus mehreren ähnlichen herausgegriffen - enthält manches kulturgeschichtlich Interssante. Sie weist zunächst auf Abgaben hin, die in dieser Form heute nicht mehr verständlich sind.

Der Forsthaber bedeutet im allgemeinen eine Abgage von Haber an den Forstherrn als Vergütung für einen zu Bauland gemachten Forst.

Der Forstschober ist ebenfalls Naturalzins im vorigen Sinne und zwar 60 Garben Stroh, wie aus einer Augsburger Urkunde von 1595 zu schließen ist: "60 büschel stro, man heißt es allhie schober."

Die Bezeichnung "nach dem Kaufbeyrermeß" öffnet einen Blick auf die Zerissenheit der damaligen deutschen Verhältnisse auch auf diesem Gebiet; denn es gab noch bis 1811 in Bayerisch-Schwaben (damals Iller- und Oberdonaukreis genannt) allein 38 Orte, in denen wiederum gleichzeitig mehrerlei Maße galten.

So z.B. rechnete man in Buchloe 1. nach dem Kaufbeurer Maß, wobei der Metzen 0,637 des späteren Normalmaßes ausmachte (Diesen Normalmetzen schuf 1811 das Ministerium Montgelas, weil die Verschiedenheit der Maße und Gewichte nicht allein den Inlandverkehr, sondern auch den Auslandshandel bedenklich erschwerten. Hiebei brachte man die bayer. Getreide-, Länge- und Flüssigkeitsmaße, sowie die Gewichte auf einen Generalnenner, indem man auf französischer Grundlage eine Reduktion auf das neue Einheitsmaß vornahm) 2. nach dem Augsburger Maß (0,731), 3. nach dem Alt-Landsberger Maß, 4. nach dem Alt-Schongauer-Maß, 5. nach dem Neu-Schongauer Maß, 6. nach dem Füssener Maß.

Dieses Verhältnis von 0,637 galt aber nur für 1 Metzen Weizen oder Veesen, während bei Kern, Roggen und Gerste der Metzen nur 0,631 und bei Hafer nur 0,619 des späteren Normalmaßes füllte. Diese Proportion schwankte. Bei, Füssener Maß z.B. lautete sie 0,613 : 0,619 : 0,620; also war hier der Habermetzen größer und das gegenseitige Wertverhältnis gerade umgekehrt, wie in Buchloe.

Warum nun das hochstiftliche Rentamt  gerade das Kaufbeurer Maß vorschrieb, ist nicht ersichtlich, zumal ja das Augsburger Domkapitel seinen eigenen Metzen (0,708) hatte. (Einen noch größeren (0,757) wies das benachbarte Göggingen auf. Dieser wurde wieder in Burgau durch den dort ebenfalls gültigen Krumbacher Metzen (0,938) übertroffen. Der Augsburger Metzen dagegen - unverändert schon seit 1453 - verhielt sich zum neuen bayer. Normalmetzen wie 0,723 : 1,000.)

Diese zahllosen Unterschiede vermehrten sich noch durch weitere lokale Abweichungen im Modus des Einfüllens: "mit freier Hand, mit Geschirr, Strich, Reib und Stoß, Steg und Rand, Auswurf, dann glatte und rauhe Frucht, Speicher- und Schrannenmaß usw." Hieraus lassen sich die Schwierigkeiten erkennen, denen späterhin die als Heereslieferanten auftretenden Juden von Kriegshaber bei ihren Fourageaufkäufen und Truppenverproviantierungen zu begegen hatten.


Laut "Zins- und Getraydregister eines löbl. Gottshauß St. Georgen" besaß das Kloster 1537 auch in Krüegshafer Liegenschaften. Es liegen noch "ein steuerssbrieff des Jörg Beckh und Jörg Gobhart von Kriechshabern von 1583/5, ein bestandsbrieff von 1583 und ein söldbrieff des Jörg Diettmair von 1595" vor. Gemäß "Steürregister des Klosters hl. Kreuz hatte Hans Spring av. 1550 etlich ecker in Griechshaber". Auch im Urbar und Salbuch dess Gotteshäüs züem heiligengreüss in Augspurg, darinnen dessen feld und gtraidtgülden ordentlich beschriben, ist 1625 Kriechshabern" mehrmals genannt. In den Felder- und Kornbeschreibungen des Katharinenklosters 1752 - 70 erscheint Kriegshaber nicht; dagegen stoßen wir im Einnahmsregister an Kapital- und Grundzinsen, Gülten, Früchten und Küchendienst pro 1752 und 1770 auf Griesshaber. Auch im Verzeichnis sämtlicher Güter der augsburger Stiftungen von 1458, sowie in der Beschreibung  der Grenzen der Markgrafschaft und den dem Markgrafen gehörigen Güter 1478 (Steichele, Bistum Augsburg) ist Kriegshaber nicht erwähnt.

Nachstehender Lehensbrief von 1667 beurkundet, daß in Kriegshaber drei Höfe (obere, mittlere und untere Hof; - die Spitalwirtschaft ist dabei nicht inbegriffen) dem Schloßherrn zu Hainhofen vom Bischof zu Lehen gegeben waren:

"Wir Johann Christoph von Gottesgnaden des hay. Röm. Reichs Fürst, Bischoue zue Augspurg, Probst und Herr zue Ellwangen etc. bekhennen mit dem Brieve das Wür dem wohlgebornen, Unssern lieben gethreuen Ferdinand Freyherr von Rehlingen uff Klein Kiezighouen vndt Hainhofen etc. Ihme selbsten, vnnd allen seinen ehelichen Descendenten Mänlich und Weiblich Geschlechts, die nachbenannten Stück und Güether, nämlich drey Höf zu Kriegshabern, darauß zwey höf gemacht worden sindt, deren ainen annetzo Caspar Gleich pauet, zuvor aber Hanß Gleich sein Vatter gepauen hat, darein gehört Hauß, Stadel und Garten vnnd fünfzig Jauchert Ackhers vnnd in allem dreyzehn Tagwerkh Madts, den anderen Hof aber pauet Hanß Hofpauers hinterlassene Wittib annetzo darin Hauß, Stadl, darbei ein Gärtlein von ainem Tagwerkh, Item auch alle drey Velder vier und fünfzig Jauchert Ackhers vnnd dreyzehn Tagwerkh Wießmadts gehören, Item mehr zehen Tagwerkhs Madts zue Wellenburg gelegen, genannt die zehen Tagwerkh, die in die obgeschriebene höf geschlagen, Mehr ein Güetlin daselbsten, welches von diesem Mang Schempp, vermög allten Lehensbriefs innegehabt, So am nächsten hiervor vermög hüngsteren Lehens Investituren, Er Freyherr von Rehlingen, auch zue Lehen empfangen, von Unß vnnd Unserem Stifft Augspurg zu Lehen rüehrendt auf sein unterthännigste Bitt, zue rechtem Lehen gdgst. geliehen, und leihen Ihme hiemit wissentlich, was Wür Ihme daran zu verleihen haben, Unß, Unßeren Stifft vnnd sonst männiglicher Gerechtigkeit unschädlich, wie dann Unsere und Unßeres Stifftes Augspurg Lehen Recht stehen, und auch also, daß er Unß und Unßeren Stifft davon gethreue und gewehr sein, Unßeren fromen fürderen und schaden wahren, und sonst thuen solle, was ein Lehensamn seinem Lehen-Herrn vom Lehen billichs vnnd rechtsweg schuldtig vnnd pflichtig ist Getreulich ohngefährde.

Geben vnnd mit Unßeren anhangenden Insigl besigelt in Unßerer Residenzstadt Dillingen den fünften Monathstag Decembris nach Christi Unßeren lieben Herrn vnnd Seligmachers Geburth gezällt an Sechszehnhundert sieben und sechzigsten Jahre."

Der Wirtschaftshistoriker denkt hiebei, wenn er vom Zusammenlegen von 3 in 2 Höfe hört (das war der mittlere und untere Hof), sofort an das berüchtigte "Bauernlegen", d.i. das Aufsaugen des bäuerlichen Kleinbesitzes durch den Großgrundbesitzer. Aber dies trifft hier kaum zu, da ja das Obereigentum in der Hand des Bischofs nach wie vor blieb und wohl nur eine Arrondierung vorgenommen wurde. Daß das Sprichwort: "Unter dem Krummstab ist gut leben" seine Richtigkeit hatte, beweist schon die Tatsache, daß diese Höfe in Erbpacht gegeben waren ("zuvor Hanß Gleich seinen Vater gepauen hat"), ferner daß Hofbauer's Witwe einen Hof weiterbebauen durfte, bis ihr Sohn übernahmefähig wurde. Wie bei Grundholden der Hof, so vererbte sich beim Grundherrn Rehlingen das Lehen auf seine "ehelichen" Deszendenten ohne Geschlechtsunterschied weiter. Nur uneheliche Geburt machte hievon eine Ausnahme. Der Hofbauer hatte sogar mit Genehmigung seines früheren Lehensherrn (Bischof) ein Gütlein weiterverpachtet, nur mußte jetzt, als ein neuer Lehensherr aufgezogen war, die Übergabeformel (Investitur) erneuert werden. Rechtsstand für beide Teile war Augsburg ("wie dann Unsere ... Augspurg Lehen Recht stehen"). Diese Erwähnung ist wichtig, weil der Ort Kriegshaber staatrechtlich nach Burgau gehörte. Seit der Reformationszeit hatten überdies die Bischöfe häufig ihre Residenz in Dillingen angenommen. Die Textworte "gethreue und gewehr sein" rühren an den in der Rechtsgeschichte so schillernden Begriff von der "Gewere" = Besitz, der durch Investitura (Einkleidung) verschafft wird. In der Doppelsetzung der Worte "Getreue" und "getreulich", sowie in deren Explication: "zu Nutz  und Fromm des Lehensherrn" und "Thun, was recht und billig ist", klingt das alte hohe Lied von der deutschen Treue durch, deren Bruch auch am schwersten geahndet wurde.  Das lapidare Wort "ohngefährde" am Schlusse vor der Datierung der Urkunde bedeutet: "ohne jede Hinterlist und Übervorteilung" und erinnert den juristisch gebildeten Leser an das iuramentum calumniae, den Gefährde-Eid, den im kammergerichtlichen Verfahren bei Zivilprzesse beide Parteien nach der Litiskontestation schwören mußten.

Ferner fällt bei dieser Privaturkunde noch auf, daß von den mittelalterlichen Bestandteilen einer Urkunde hier bereits mehrere fehlen. Sie beginnt gleich mit der "promulgatio" und läßt die "harenga" lediglich aus dem Attribut "lieben, getreuen (Ferdinand R.)" erschließen.

Dieser Ferdinand Rehlingen (1619-1687) war der Sohn einer beachtlichen Wirtschaftgröße, des Marx Conrad von Rehlingen, der bei seiner Verheiratung mit der Magdalena Pallerin das bischöfliche Lehen Hainhofen von seinem Schwiegervater Wolfgang Paller als Heiratsgut erhalten hatte.

Da aber dieser Marx Conrad wegen seiner Stellung zur Union in die Schweiz fliehen mußte - er hatte als Protestant mit dem Kaiser Geschäfte gemacht, aber zugleich der Sache seiner Religion gedient (Niederländisch Ost- und Westindische Handelskompanie, Beteiligung am Mansfelder Bergwerk etc.) - da er also ein verhängnisvolles Doppelspiel (Zwei seiner Söhne waren sogar ins schwedische Heer eingetreten (Schöningh, Die Rehlinger) getrieben hatte, verfügte der Kaiser die Konfiskation seines Vermögens. Das Lehen Hainhofen fiel ca. 1630 an den Bischof zurück, der es zunächst (1650 zog Ferdinand wieder als Herr in Hainhofen ein, nachdem ihm schon 1648 in Osnabrück die Restitution seiner Güter zugestanden wurde.) an den Graf Kurtz von Senftenau vergab. Letzerer spielte später bei den kaiserlichen Friedensverhandlungen mit Dänemark eine Rolle.

Wir ersehen daraus, was alles so eine kleine Urkunde zu erzählen weiß, wenn man nur etwas in sie hineinhört."



Wenden wir uns der neueren Zeit zu, als Bayerisch Schwaben und damit die Markgrafschaft Burgau mit Kriegshaber bayerisch wurde. Mit der Säkularisation und Mediatisierung zwischen 1802/3 und 1806 hat sich die Oberhoheit geändert, die niedere Gerichtsbarkeit blieb aber im allgemeinen unverändert, d.h. unsere Bauernhöfe waren nach wie vor gerichtsbar nach Hainhofen, die Rehlingen waren also nach wie vor die Inhaber der niederen Gerichtsbarkeit. Ein Beispiel dafür ist der Kaufvertrag für den Mittelbauernhof 1806.

Beginnend 1806 begann jedoch die Verwaltungsreform im bayerischen Königreich (verantwortlich der Minister Maximilian, Graf von Mongelas) auch für die neu erworbenden Regionen zu greifen. Das Land wurde neu erfasst, es wurde 1809 eine detaillierte Landkarte mit allen Gebäuden und Feldern erstellt. 1810 wurde ein Kataster erstellt.

Es sind in Kriegshaber insgesamt 99 Häuser  verzeichnet, darunter auch die Bauernhöfe, die wir oben schon bei Dürrwanger beschrieben gesehen haben. In einem Absatz wurde auch oben berichtet, dass damit auch eine zumindest vorläufige Vereinheitlichung der Maße und Gewichte verbunden war. Wir finden in diesem Kataster die Aufzählung der Gebäude mit der Festsetzung des Steuerwertes und natürlich auch die Grundstücke. Während bei den Sölden die Grundstücke sehr klein waren und somit eine Besteuerung nur für die Häuser ins Gewicht fiel, ist dies bei den Bauernhöfen ganz anders. Hier eine Übersicht über die Größe der Liegenschaften der Bauernhöfe.

Hier alle Häuser mit größerem Landbesitz (aus Kataster von 1810), die Hausnummern sind in der Flurkarte von 1809 eingetragen, die Erläuterung des Vermessungsamtes zu dieser Uraufnahme steht hier.  Hier steht auch die Zeichenerklärung (pdf-Format).

1. Seraphin Hopf, Hausnummer 1 (zuletzt Mapag),  Adlerwirtschaft in Gebäude in mit ..., Gemeindeantheil 1/16 Tagwerk, Genus des ... ca. 648 Tagwerk, Garten beim Haus 1/2 Tagwerk,  Spitalfeldliche Äcker  in 20 Jauch. Wiesen ... 4 1/2 Tagw., Leerhaus,
Total Hopf:
Gründe Steuerkapital 4060 fl Steuer 5 fl 4 kr 4 hl
Häuser Steuerkapital 2700 fl, Steuer 3 fl 22 kr 4 hl

2. Anton Hofmann, Hausummer 49 und 50, Söldhaus, Felder 1 Juchert, 3/4 Juch. Acker am Kobelberg, Söldhaus mit Gärtl 1/32 Tagw., Garten 1 Tagw., Anger ... 6 3/4 Tagw., 1/2 Krauttheil 1/16 Tagw., Stadel mit ... Gemeindeantheil 2 Krauttheil zu 1/16 Tagw.,
Total Hofmann:
Gründe: Steuerkapital 5580fl, Steuer 6 gl 58 kr 4 hl, Häuser: Steuerkapital 2550 fl, Steuer 3 fl 11 kr 2 hl

3. Michl Schlosser, Hausnummer 53, 92 und 96 (in der Karte 70 und 71), Unterer Bauernhof Gebäude und Garten 1 Tagw.  Felder 51 Joch Wiesen runde 9 Tagw., Kriegshaber 1 Juchert, Söldgarten 1 1/2 Tagw., Ottmarshausen Mäder 1 1/2 Tagw., Leerhaus ohne Garten, Söld, die Schwarzadlerwirtschaft in Gebäuden, Gemeindeantheile 2 Krautstangen zu 1/4 Tagw., Sturzgärtle 1 Tagw., Felder 18 Jucht Wiesen 4 einmädige Totale Schlosser: Neue Besteuerung Gründe Steuerkapital   16550 fl, Steuer 20 fl  41 kr  2 hl Steuerkapital Häuser Steurkapital 450 fl Steuer 33 kr  6 hl4. Florian Steppich, Hausnummer 58 und 59 (in der Karte 84 und 85), Mittelbauernhofgut in Gebäuden, Felder 54 Jucht, Wiesen zweimadig 8 Tagw., Wiesen einmadig 5 Tagw. im Dorf Wellenburg, Gemeindeantheil  3 Krautstangen 3/8 Tagw. , Garten 2 Tagw., Leerhaus, Total Steppich: Gründe: Steuerkapital 13470 fl, Steuer 16 fl  50 kr  2 hlHäuser: Steuerkapital 300 fl, Steuer 22 kr  4 hl 5. Lorenz Fleiner, Hausnummer 62 und 63 (in der Karte 46, 43, 89) Oberer Bauernhofin Gebäuden, Felder 54 Juchert, Wiesen zweim. 9 Tagw., Wiesen einmadig 4 Tagw., Wurzgarten 3 Tagw., Leerhaus Total Fleiner:Gründe Steuerkapital 12425 fl. Steuer 15 fl  31 kr  7 hl Häuser: Steuerkapital 380 fl, Steuer: 38 kr  4 hl Zu den Maßen der Felder und Wiesen (Tagwerk, Juchert, Joch, Jauchert) und Währung (Gulden = fl, Kreuzer = kr und Heller =hl) und die Umrechnung der Kaufkraft

die Lage der heutigen Straßen und ein Satellitenbild


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Quelle: B: Seite 24-29
die anderen Quellen sind bei den verlinkten Dateien angegeben.
Heinz Wember
Änderungsstand: 28-Jan-2014 Upd 07-Nov-2019