Die "reichen" Töchter -
Wie kamen die Welfen nach Sachsen oder die Wittelsbacher in die Pfalz
Das Lehensrecht darf ich
als bekannt
voraussetzen. Zumindest im Mittelalter fiel nach dem Tod des
Lehensträgers das Lehen an den König zurück.
Häufig
wurde dann der Sohn wieder mit diesem Lehen betraut, im Laufe der Zeit
war dies mehr oder minder ein Automatismus. Aber wie war es mit den
Töchtern? Diese Frage war natürlich sehr interessant,
wenn
die Tochter bzw. die Töchter keinen Bruder hatten. Ein paar
Beispiele dazu.
1. Sachsen
Im 10. und 11 Jahrhundert
waren die
Billunger die Herren von Sachsen. 1106 starb Magnus, Herzog von Sachsen
und er hinterlies "nur" 2 Töchter:
Wulfhilde und Eilika. Die erstere heiratete den Welfen Heinich den
Schwarzen, Herzog von Bayern, die zweite den Askanier Otto,
den
Vater von Albrecht den Bären.
Die Enkel des Billungers Magnus wurden Herzöge von Sachsen: Heinrich
der Stolze und Albrecht
der Bär.
2. Die Pfalz
(bei Rhein bzw. Rheinpfalz)
Der Welf
Heinrich I., Pfalzgraf bei Rhein
hatte auch (nur) zwei Töchter, Irmengard und Agnes. Agnes
wurde
schon als Kind mit dem Sohn des bayerischen Herzogs Ludwig dem
Kehlheimer Otto verlobt, Ludwig der Kehlheimer wurde dann mit der Pfalz
(bei Rhein) belehnt.
(Übrigens hatte offensichtlich dieser Ludwig der Kehlheimer
eine
glückliche Hand, das bayerische Territorium zu
vergrößern, er heiratete ja die Ludmilla
von Böhmen, die Witwe des Grafen Adalbert
III. von Bogen,
der zwar 3 Söhne hatte, die auch teilweise verheiratet waren,
aber
selbst keine Kinder hatten. Hier ist Ludmilla ein Beispiel für
eine reiche Witwe, da sie alle 3 Söhne überlebt hat.
Das
Wappen von Bogen, die weiß-blauen Wecken (Rauten) kam so ins
bayerische Wappen.
Von den Auseinandersetzen der Andechser mit dem König
profitierten
später unter seinem Sohn Otto auch die Wittelsbacher, die
Teile
der von den Andechsern beherrschten Territoren bekamen).
Die Pfalz hatte auch noch eine Vorgeschichte, bei der auch eine reiche
Tochter eine Rolle spielte. Der Vater dieser Agnes war mit der
Stauferin Agnes verheiratet, die die Tochter des Pfalzgrafen
bei Rhein Konrad war, ein Halbbruder Barbarossas.
Wie oben erwähnt, war die Agnes von Hohenstaufen mit dem
Welfen Heinrich I., Pfalzgraf bei Rhein verheiratet.
(So kommen die Löwen im Wappen der Staufer über die
Welfen zu den Wittelsbachern im Wappen Bayerns).
3.
Holstein
In den
Quellen (T3: Tafeln 298-301) ist ein
Adolf
I. als
Gründer einer Familie von Schaumburg genannt. Interessant ist die
letzte Generation dieses Geschlechts:
hier sind 3 Söhne (Heinrich IV., Adolf XI. und Gerhard
posthumus)
und 2 Töchter genannt: Ingeborg und Heilwig. Heinrich IV.
fällt im Kampf 1427, Adolf XI. stirbt 1459 und Gerhard
starb bereits 1433, er hatte aber mit seiner Frau Agnes von Baden 2
Kinder (Zwillinge): Heinrich und Katharina. Heinrich wurde kurz nach
der Geburt in der Schlei ertränkt und seine Schwester wird
Nonne
in Preetz, das ein Vorfahre (Adolf IV.) 1226 gegründet hatte.
Die
Mutter dieser Zwillinge (Agnes von Baden) wurde 1433 geschieden und ist
von 1437 bis 1473 auf der Ebersteinburg gefangen, offensichtlich wegen
der heimlichen Verlobung mit Hans von Mewen. Die andere Schwester
dieser letzten Generation, Heilwig, hat in erster Ehe keine
Kinder, in zweiter Ehe ist sie mit Dietrich
dem Glücklichen, Graf von Oldenburg verheiratet, mit
dem sie 3 Söhne und 1 Tochter hat. Christian,
der älteste, wird 1448 König von
Dänemark und
auch 1460 Graf von Schleswig und Holstein, sozusagen das Muttererbe,
nachdem alle Brüder der Mutter gestorben waren. Dass ein Neffe
dieser Heilwig in der Schlei kurz nach der Geburt ertränkt
wurde,
klingt nach Krimi. Auch ist in der Quellen nicht verzeichnet, warum der
Mann dieser Heilwig Dietrich der Glückliche heisst. Dass
ausgerechnet der Urgroßvater dieser Heilwig (Gerhard III.)
Administrator von Dänemark war und 1340 erschlagen wurde, ist
wohl
auch kein Zufall. Zumindest der älteste Sohn dieser Heilwig
wird
König von Dänemark, schließlich auch
König von
Norwegen und Schweden und wie oben bereits erwähnt auch Herzog
von
Schleswig und Holstein. Ich würde diese Heilwig eine reiche
Tochter nennen.
4.
Die Andechser Erbtöchter
Sie waren
die Töchter des vorletzten Herzogs
von Meranien OttoVII. bzw.
die Schwestern des letzten Herzogs Otto VIII.
Agnes brachte Krain mit in die Ehe,
denn 1232 ist der Babenberger Friedrich II. Herr in
Krain.
Beatrix war
mit dem Askanier Hermann
II. von Orlamünde verheiratet, es scheint eine weitere
Verbindung zwischen beiden Familien gegeben zu haben, denn vor den
Andechsern
hatten die Grafen von Orlamünde Besitzungen in Istrien, dann
scheinen die Andechser als Herren (und Herzöge) von Meranien
(Istrien) auf.
Margarethe
war mit einem Premysliden
verheiratet, sie hatten aber keine Kinder. Auffällig ist aber,
dass nach dem Aussterben der Babenberger in Österreich
(Friedrich II.) der Premyslide Ladislaus, der mit
der Babenbergerin Gertrud verheiratet war, Herzog von
Österreich wird.
Adelheid war
mit Hugo
Ivrea verheiratet, nach dem Tode ihres Bruders war sie die
Pfalzgräfin von Burgund (Freigrafschaft von Burgund), nach
ihrem
Tod deren Sohn Otto V.
Elisabeth
war mit Friedrich
III. von Hohenzollern verheiratet, der als Burggraf von
Nürnberg
die fränkischen Territorien der Andechser erben konnte
(Bayreuth).
Damit war aber bei weitem noch nicht das gesamte Erbe der Andechser
verteilt. Wie bekannt haben auch die Wittelsbacher unter Herzog Otto
II. die oberbayerischen Anteile der Andechser (in den heutigen Kreisen Wolfratshausen und Weilheim) bekommen,
vielleicht spielte dabei eine Rolle, dass die Schwester des ersten
bayerischen wittelsbacher Herzogs Otto I. Hedwig
mit Berthold III. von Andechs verheiratet war, aber wahrscheinlich
spielte eine größere Rolle, dass die Andechser in
den
letzten Jahren sehr im Gegensatz zu den Königen (Staufern)
waren,
ebenso wie die Welfen zu der Zeit Barbarossas.
Beim Übergang der Andechser Anteile Tirols
an die Grafen von Tirol, haben wohl ausnahmsweise keine
Erbtöchter
eine Rolle gespielt, wohl aber wieder, wie deren Anteile an die
Dynastie Görz gekommen sind.
Das Werdenfelser Gebiet könnte
zumindest in
Teilen auch zu den Andechsern gehört haben, dies ist
aber
nicht nachweisbar. Sicher ist, dass der Bischof von Freising 1249 Teile
im Werdenfels erworben hat und auch später (1294) noch weitere
Teile dazu erwarb. [Quellen u.a. W]
5. Die reichen
Töchter von Cleve, Berg, Jülich und Mark
Herzog
Wilhelm V.
von Cleve, Jülich, Berg und Mark hatte neben zwei
Söhnen, die
keine Erben hatten, auch eine Reihe Töchter, von denen 3
verheiratet waren.
Maria Eleonore war mit dem
Hohenzollern Albrecht
Friedrich verheiratet, der als Sohn des Albrecht von Brandenburg,
früher Hochmeister des Deutschen Ordens, Erbe seiner
Territorien
war.
Anna war mit dem Wittelsbacher Philipp Ludwig,
Herzog von Neuburg verheiratet.
Magdalena
war mit einem anderen Wittelsbacher (Johann I.) aus dem Hause
Zweibrücken verheiratet.
Sibylle war
mit dem Habsburger Karl,
Fürst von Burgau,
verheiratet, der ein Sohn des Herzogs Ferdinand von Tirol mit der
Augsburger Bürgertochter Philippine Welser war. Mit dieser
Sibylle
hatte Karl aber keine Kinder.
Nachdem der letzte Herzog Johann Wilhelm von Cleve-Jülich-Berg
1609 kinderlos starb, war natürlich wieder ein Erbfall
gegeben.
Dies war die Zeit kurz vor dem 30-jährigen Krieg und diesen
Erbfall könnte man als Vorboten dieses Krieges ansehen.
Zumindest
haben die Ehegatten bzw. deren Söhne der Maria Eleonore und
der
Anna Tatsachen dadurch geschaffen, dass sie in das Gebiet einmarschiert
sind. Die Hohenzollern haben sich Cleve und Mark gesichert, der Sohn
der Anna, Philipp Wilhelm, der katholisch wurde, um die Tochter Wilhelm
V. heiraten zu können, sicherte sich Jülich und Berg.
Die endgültige rechtliche Klärung war 1666
(erst nach
dem Frieden von Münster und Osnabrück im Jahr 1648).
So
blieb Berg, das 1806 an Napoleons Schwager Joachim Murat kam,
katholisch, während Cleve und Mark eher evangelisch waren. Im
Wiener Kongress 1815 kamen alle Gebiete an Preußen
(das
Königreich Bayern tauschte Berg gegen das preußische Ansbach ein).
Quelle: W: 59/60
6. Reiche Schwester des kinderlosen Königs Erik von Dänemark.
König Erk VII. von Dänemark aus dem Hause Pommern hatte keine
Kinder. Seine Schwester Katharina (ca1390-1426) war mir Pfalzgraf Johann von der Pfalz in Neunburg verheiratet. Deren Sohn Christian (1416-1448) wurde König von Schweden und Dänemark und später auch von Norwegen.
Genealogie bei Heinz Wember
Heinz Wember
Änderungsstand: 07-Jul-2009 Upd 16-Jul-2018